17.7   Kristalline Waren
Charakteristik und Containerfähigkeit
Zucker und Salz gehören zu den hygroskopischen kristallinen Waren. Von den bisher behandelten hygroskopischen Waren unterscheiden sich die hygroskopischen kristallinen Waren durch ihren wesentlich geringeren Wassergehalt
(WG > 0 - < 1,5 %), sodass sie zur Wassergehaltsstufe 1 (WGS 1) gehören. Ferner verläuft ihr Adsorptionsverhalten infolge der Kristallstruktur nach anderen Gesetzmäßigkeiten, woraus sich andere Maßnahmen für den Containertransport ergeben.
 
Kristalline Waren sind Waren mit unterbrochenen Respirationsprozessen, bei denen jedoch weiterhin biochemische, mikrobielle u. a. Zersetzungsprozesse ablaufen; sie sind Waren biotischer Aktivität 3. Ordnung (BA 3).
 
An die Lagerklima-Kondition stellen kristalline Waren Anforderungen an die Temperatur-, Feuchte- und ggf. Lüftungs-Kondition (LK VI), um der Gefahr des Zerfließens oder der Verklumpung (Agglomeration) zu begegnen.
 
Kristalline Waren werden in Schüttgut- und in Standardcontainern transportiert.
 
Zucker (Saccharose) ist im Pflanzenreich weit verbreitet. Für die großtechnische Zuckergewinnung werden aber nur das Zuckerrohr und die Zuckerrübe angebaut. Chemisch gesehen, bestehen sowohl Rohrzucker als auch Rübenzucker aus Saccharose, C12H22O11. Während Zuckerrohr in den Tropen und Subtropen angebaut wird, liegen die Anbaugebiete für Zuckerrüben in den gemäßigten Breiten. Aus den unterschiedlichen Produktionsgebieten ergeben sich für den Transport des Zuckers zwei Verkehrsrichtungen:
  • Tropen - gemäßigte Breiten für den Transport von Rohrzucker
  • gemäßigte Breiten - Tropen für den Transport von Rübenzucker
Diese klimatisch unterschiedliche Transportrelation ist für den Containertransport von Bedeutung. Es ist aber für den Transport bedeutungslos, ob es sich um Rohr- oder Rübenzucker handelt.
 
Die Einteilung des Zuckers erfolgt u. a. nach dem Reinheitsgrad, der unterschiedliche transporttechnologische Eigenschaften bedingt.

Rohzucker (raw sugar) ist eine "feuchte", grobkristalline Masse mit einem Saccharosegehalt von 95-97 %. Die festen Kristallkerne des Rohzuckers sind noch mit einer Schicht von anhaftendem Sirup bedeckt. Durch diese Beimengungen ist der Rohzucker feucht-klebrig, er hat die für den Rohzucker typische gelblich bräunliche Farbe und den malzig brenzligen Geschmack. Der Wassergehalt von Rohzucker beträgt 0,5-1 % (s. Abb. 154).
 
Abbildung 154: Vollrohrzucker Masobado;
Foto: U. Scharnow

 
Weißzucker (refined sugar): ist der übliche Verbrauchszucker. Er wird durch Waschen und Zentrifugieren (Affination) aus dem Rohzucker gewonnen. Der Saccharosegehalt beträgt 99,9 %.
Raffinade: ist chemisch reinste Saccharose, die durch Auflösen und Umkristallisieren von Weißzucker gewonnen wird. Der Saccharosegehalt beträgt ebenfalls 99,9 %.
Puderzucker: wird aus Weißzucker- oder Raffinadekristallen staubfein gemahlen und gesiebt. Die Korngröße beträgt max. 0,05 mm.
Salz (Speisesalz), chemisch Natriumchlorid (NaCl): wird hauptsächlich als Steinsalz abgebaut oder in Meersalzgärten gewonnen (s. Abb. 155). Nach der Herstellung werden Steinsalz und Siedesalz unterschieden. Steinsalz, unter Tage gewonnen und fein gemahlen, wird vorwiegend in der Lebensmittelindustrie verwendet. Siedesalz wird aus einer Salzsohle gewonnen und hat einen höheren Gehalt an Magnesiumchlorid und Calciumchlorid als Steinsalz; dadurch ist es stärker hygroskopisch als Steinsalz, wobei die feinkörnigen Sorten stärker hygroskopisch sind als die grobkörnigen. Andererseits klumpt Siedesalz auch leichter zusammen als Steinsalz.
 

Abbildung 155: Raffiniertes Steinsalz;
Foto: U. Scharnow

 
Hygroskopizität
Kristalline Waren reagieren zunächst kaum auf den Wasserdampfgehalt der Umgebungsluft, sodass ihr Wassergehalt nahe 0 % liegt (flach verlaufende Adsorptionsisotherme). Erst bei Erreichen der sog. Fließgrenze, die z. B. beim Zucker > 80 % beträgt, nimmt Zucker so schnell und viel Wasserdampf auf, dass er zerfließt (sprungartiger Anstieg der Adsorptionsisotherme) und seine Rieselfähigkeit verliert (s. Abb. 156). Wird feucht gewordener Zucker wieder trocken, gibt er den aufgenommenen Wasserdampf an die Umgebung ab und erhärtet, verblockt.
 
Abbildung 156: Sorptionsisothermen für Weißzucker
 
—  20°C
--- 10°C


 
Die Sorptionsisotherme für Speisesalz (s. Abb. 157) zeigt, dass es bis zu 74 % rel. Luftfeuchte kaum Wasserdampf aus der Umgebung aufnimmt. Ist der Wassergehalt von 0,05 % auf 0,5 % gestiegen und damit die Fließgrenze erreicht, nimmt Salz so begierig Wasserdampf auf, dass es bei 75 % rel. Luftfeuchte in Lösung geht.
 
Abbildung 157: Sorptionsisotherme für Speisesalz
(Natriumchlorid, 20 °C)


 
Verhalten des Zuckers im Container bei Temperaturänderungen
  • Transport von Rohzucker aus den Tropen in die gemäßigten Breiten (s. Abb. 158).
     
    In dieser Richtung ist beispielsweise der Zuckertransport von Mittelamerika nach Europa von Bedeutung. Besonders im Nordwinter treten auf diesem Seeweg durch die Temperaturunterschiede Gefahren für die Zuckerladung auf. Das Absinken der Luft- und Wassertemperaturen beginnt etwa auf 20° N und hält bis zur Ankunft in Europa an. Auf dieser Reisestrecke von ca. 4.000 sm ist ein Rückgang der Lufttemperatur beispielsweise von 28 °C auf 2 °C und der Wassertemperatur von etwa 20 °C auf 5 °C zu verzeichnen. Bei einem Rückgang der Lufttemperatur um 26 °C und der Wassertemperatur um 23 °C sind Voraussetzungen für die Verblockung des Zuckers im Container gegeben. Untersuchungen zeigen, dass gerade in der kalten Jahreszeit die Schäden durch Verblocken am größten sind. Schäden durch Verblocken treten jedoch vor allem bei Verringerung der rel. Luftfeuchte < 50 % ein.
     
    Abbildung 158:
    Fahrt von warm nach kalt: Ladungsblock kühlt von außen ab, Wasserdampftransport erfolgt vom warmen Kern nach außen; Verblocken im Innern durch Wasserdampfabgabe der warmen Ladung [27]
    Abbildung 159:
    Fahrt von kalt nach warm: Ladungsblock erwärmt von außen, Wasserdampftransport erfolgt von außen zum kalten Kern; außen Verblockung, innen Nässe [27]

     
  • Transport von Weißzucker aus den gemäßigten Breiten in die Tropen (s. Abb. 159).

    Bei längeren Reisen bleiben die inneren Säcke des Stapels länger kalt; es erfolgt durch das unterschiedliche Sorptionsverhalten ein Wasserdampftransport von dem schon wärmeren äußeren Zucker zu dem noch kälteren Zucker im Stapelinnern. Hierdurch entstehen Wasserflecke auf den Zuckersäcken, und man kann nach den vorliegenden Beobachtungen auch mit Sirupbildung rechnen. Später, wenn die inneren Säcke ebenfalls erwärmt sind, setzt starke Verblockung ein. Inzwischen hat sich für den Transport von kristallinen Waren eine zweilagige Verpackung, bestehend aus einem Gewebeaußensack und einem Plastikfolieninnensack, durchgesetzt. Dadurch wird die Gefahr der Wasserdampfaufnahme bzw. des Verblockens beim Wiedertrocknen des Weißzuckers vermieden (s. Abb. 160, 161).
     
    Abbildung 160: Doppelsäcke mit Weißzucker - außen Naturfasergewebe, innen Plastik;
    Foto: U. Scharnow

     
    Abbildung 161: Doppelplastiksäcke mit Weißzucker auf Paletten;
    Foto: U. Scharnow
Verunreinigung
Da kristalline Waren nahezu ausschließlich in kombinierten Säcken aus Gewebe und Folie transportiert werden, ist ihre Empfindlichkeit gegen Verunreinigung (Stäube) nicht sehr hoch. Anhaftungen an den Säcken können zu Schäden führen. Die Container müssen lebensmittelsauber sein. Kristalline Waren, wie Zucker und Salz, sind grundsätzlich saubere Lebensmittel, die hermetisch verpackt sind. Für den Fall, dass die Verpackung bei der Verladung zerstört wurde, kann insbesondere Salz auf andere Waren stark korrosionsfördernd wirken.
 
Brandgefahr
Es ist beim Beladen und Entladen der Container auf ein striktes Rauchverbot zu achten. Zuckerbrände können durch weggeworfene Zigarettenreste entstehen. Die Zigarettenasche tritt bei der Verbrennung des Zuckers als Katalysator auf. Zuckerbrände sind gefürchtet, da sie nicht ohne weiteres zu löschen sind. Sie erfordern den Einsatz von Kohlendioxid oder anderer chemischer Löschmittel.
 

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