17.2   Getreide
Charakteristik und Containerfähigkeit
Unter dem Begriff "Getreide" werden die Körnerfrüchte der Kulturgräser (Weizen, Reis, Mais, Gerste, Hirse, Hafer (Abb. 112), Roggen, etc.) zusammengefasst. Getreide wird i. d. R. weltweit in Bulkcarriern transportiert, so u. a. aus den USA, aus Kanada, Argentinien, Indien, Indonesien und Australien. Insbesondere Saatgut und Malz etc. werden auch per Container transportiert.
 
Abbildung 112: Hafer;
Foto: U. Scharnow

Mit einem Wassergehalt von 11,5-15 % (s. Tab. 1) gehört es der Wassergehaltsstufe 2 (WGS 2) an. Die Sorptionsisothermen zeigen einen kontinuierlichen S-förmigen Verlauf. Als lebende Organe gehört Getreide zu den Waren mit biotischer Aktivität 2. Ordnung (BA 2). Getreide erfordert eine bestimmte Temperatur-, Feuchte- und ggf. Lüftungs-Kondition (LK VI). An die Lüftungs-Kondition stellt es keine Ansprüche, wenn es containertrocken in den Container eingebracht wird und die Temperaturen und rel. Luftfeuchten entsprechend niedrig gehalten werden können.
 
 
Inhaltsstoffe Roggen, Weizen Reis Mais
Kohlehydrate 68...69 bis 80 70
Eiweiß 11...12 5...7 10,5
Fett 2 ca. 1 4,5
Rohfaser 2 0,3 2,5
Asche 1,5...2 0,5 1,5
Wasser 13...15 > 14 11,5

Tabelle 16: Chemische Zusammensetzung wichtiger Getreidearten in % [28]

 
Saatgetreide und Malz werden in Schüttgutcontainern bei entsprechender Vortrocknung auf ca. 12-13 % transportiert. Sollten Standardcontainer vorgesehen werden, ist zu empfehlen, Linerbags aus Kunststoffgewebe mit einem integrierten Vlies in die Container einzuhängen, um Schweißwasser aufzufangen.
 
Die Containertüren werden durch vier Vierkantstäbe, die im letzten Sickenpaar des Containers eingepasst werden, entlastet. Nach dem Befüllen des Containers wird der Linerbag mittels Bändern verschlossen. Zum Entladen des Containers wird der Linerbag im unteren Bereich aufgeschnitten und der Container gekippt entladen.
 
Vor allem Saatgut und Malz in Säcken werden in Standardcontainern transportiert.
 
Günstig ist der ventilierte Container, weil er von außen aktiv belüftet werden kann, um Feuchte und Wärme abzuführen. Er erfordert eine Verladung unter Deck, um die Ventilation effektiv wirken zu lassen. Das gilt auch für den Standardcontainer: An Deck kann es zu extremen Temperaturgradienten, besonders im Nordwinter, kommen, was zu Container- bzw. Ladungsschweiß führen kann.
 
Bei den verschiedenen Getreidearten weichen Aufbau und chemische Zusammensetzung des Korns nur wenig voneinander ab (s. Tab. 16). Hinsichtlich des Aufbaus sind für die weitere Betrachtung drei Bestandteile des Getreidekorns hervorzuheben:
  • die rissige Schale, die zu einer stark vergrößerten Oberfläche des Korns, bezogen auf seine Masse, führt. Hierdurch ist das Korn in der Lage, mit der Umwelt in regen Stoffaustausch zu treten (Feuchte, Geruch)
     
  • der Mehlkörper, der den Hauptbestandteil des Korns bildet
     
  • der Keimling (Abb. 113)
Beim Reis spielt noch die Silberhaut eine Rolle, die durch entsprechende Bearbeitungsstufen mehr oder weniger entfernt wird.
 
Abbildung 113: Längsschnitt durch ein Roggenkorn
 
1 - mehrschichtige Frucht- und Samenschale
2 - Aleuronschicht
3 - Mehlkörper
4 - Schildchen
5 - Keimling
 
 

 
Hygroskopizität
Den Hauptbestandteil des Getreidekorns bilden die Kohlehydrate und hier besonders die Stärke. Für den Transport in Schüttgut-, Standard- und ventilierten Containern ist jedoch der Wassergehalt von Bedeutung. Obwohl er mit 11,5-15 % gegenüber dem Obst und Gemüse als gering zu bezeichnen ist, spielt dieser bei den Respirationsprozessen des Saatgetreides eine große Rolle. Beim Transport von Getreide muss man berücksichtigen, dass es sich um vegetabile, lebende Organismen handelt, deren Keimfähigkeit erhalten bleiben muss. Die hygroskopischen Eigenschaften von Getreide wurden in Kap. 10.2.2 beschrieben. Abb. 114 zeigt die wichtigsten Sorptionsisothermen für Getreide.
 
Abbildung 114: Sorptionsisothermen für Getreide
 
—   Roggen (20°C)
---  Reis, geschält (25°C)
····  Weizen (20°C)
••• Mais (20°C)
 
 
 

 
Respiration des reifen Getreidekorns
Der Einfluss von Temperatur und Wassergehalt auf die Atmungsintensität des Getreidekorns ist in Abb. 115 dargestellt.
 
Abbildung 115: Abhängigkeit der Atmungsintensität des Weizens von Feuchte und Temperatur (Entwicklung von mg CO2 je 100 g Trockensubstanz des Weizens in 24 Stunden);
Herrmann [17]
 
 

 
Die Kurven 1-4 zeigen die Abhängigkeit der Atmungsintensität des Weizens von der Lagertemperatur und vom Wassergehalt. Aus dieser Darstellung ergeben sich die folgenden Schlussfolgerungen:
  • Bei geringem Wassergehalt ist die Atmungsintensität bei allen Temperaturen gering. Selbst bei 25 °C bleibt die Atmungsintensität bei Wassergehalten bis 13 % gering. Getreide mit einem Wassergehalt unter 13 % gilt daher als containertrocken. Bei diesen Waren kann demzufolge die Lüftung ohne Bedenken unterbrochen werden. Bei containertrockenem Getreide ist die Gefahr der Selbsterhitzung gering, weil die trockeneren Körner den Wassergehalt der feuchteren aufnehmen.
     
  • Bei Wassergehalten ab 14 % aufwärts beginnt bereits, die Atmungsintensität zuzunehmen; bei Temperaturen von 0 °C und 10 °C bleibt die Atmung noch gering. Man kann also durch niedrige Transporttemperaturen die Atmung von Getreide weitgehend hemmen.
     
  • Bei Wassergehalten > 15 % steigt die Atmung rapide an. Treten neben dem hohen Wassergehalt auch hohe Temperaturen auf, erfolgt, wie die Atmungskurven für 18 °C und 25 °C zeigen, eine weitere Intensivierung der Atmung. Reis reagiert auf Feuchtigkeit noch empfindlicher wegen seines höheren Wassergehalts (s. Tab. 16).
     
  • Die Steigerung der Atmung bedeutet neben der Bildung von Kohlendioxid und Feuchte auch verstärkte Wärmeentwicklung. Feuchte und Wärme begünstigen wiederum die Wirksamkeit der Atmungsenzyme, die eine schnellere Atmung bewirken, sodass diese Atmungssteigerung des Getreides zur Selbsterhitzung führen kann.
Transporthinweise
Nach der Ernte macht das Getreide gewöhnlich noch eine Nachreife durch, die darin besteht, dass die hochmolekularen Stoffe sich unter Wasseraustritt weiter zusammenlagern (Synärese). Da die Getreideoberfläche bei höherem Wassergehalt dabei feucht wird, spricht man vom "Schwitzen" des Getreides. In diesem Zustand ist es für Schimmelbefall sehr gefährdet, sodass man es noch nicht transportieren darf. Ist jedoch der Wassergehalt des Getreides niedrig (< 13%), wird die Schwitzfeuchtigkeit bei sachgemäßer Lagerung von der Luft aufgenommen, ohne dass Schimmelgefahr besteht. Dieser Schwitzprozess dauert etwa ein bis zwei Monate.
 
Zusammensetzung der Raumluft
Die Abscheidung von Kohlendioxid durch das atmende Getreide ist in verschiedener Hinsicht zu berücksichtigen. Reichern sich größere Mengen Kohlendioxid im Schüttgutcontainer an, so wird sich die Atmungstätigkeit des Getreides herabsetzen. Bei containertrockenem Getreide wirkt sich die mit Kohlendioxid angereicherte Luft nicht nachteilig auf die Beschaffenheit der Ware aus, es tritt sogar eine Hemmung des Schimmelwachstums auf.
 
Geruch
Getreide ist gegenüber der Aufnahme von Fremdgerüchen empfindlich. Die große absorptive Kraft des Getreidekorns ergibt sich aus der rauen Oberfläche und den einzelnen Hüllen der Frucht- und Samenschale, die durch Risse mit der Außenluft in Verbindung stehen. Man hat eine Gesamtoberfläche von 64.000 m² für eine Tonne Roggen errechnet. Daraus erklärt sich auch die hohe Geruchsempfindlichkeit des Korns. Gase und Geruchsstoffe, wie Schwefeldioxid, Phenol und Petroleum (stark riechende Chemikalien), werden leicht vom Getreide absorbiert. Daher müssen die Container vollständig geruchsfrei sein. Andererseits kann insbesondere zu nasser Reis einen durchdringenden Geruch verbreiten.
 
Schäden
Als Folgeerscheinungen der Wärme- und Feuchteentwicklung des Saatgetreides treten auf:
  • Muffig-, Dumpfig-, Gärig- und Sauerwerden des Saatgetreides: Die Getreidekörner backen bei zu hoher Feuchtigkeit zusammen, sie verklumpen.
     
  • Gefahr des Befalls mit Schimmelpilzen; besonders Reis und Mais sind schimmelgefährdet.
     
  • Gefahr des Verlustes der Keimfähigkeit von Saatgetreide. Wird Saatgetreide jedoch in Schüttgutcontainern bei höheren Wassergehalten, d. h. beispielsweise Weizen mit Wassergehalten > 14 %, transportiert, ist infolge der sich anreichernden Kohlendioxidmengen damit zu rechnen, dass das Getreide vom aeroben zum anaeroben Atmungstyp übergeht, wobei u. a. Milchsäurebakterien zur Entwicklung gelangen, die anaerobe Verhältnisse vertragen. Die Gärungsprodukte Kohlendioxid, Milchsäure und Alkohol wirken sich dabei vor allem auf das Saatgetreide aus, da diese Gärungsprodukte eine toxische Wirkung auf den Kornkeim ausüben, und das Saatgut büßt seine Keimfähigkeit ein, wenn es in einem sauerstoffarmen Medium gelagert wird.
     
  • Gefahr des vorzeitigen Auskeimens von Getreide, bei Saatgut ein schwerwiegender Schaden.
     
  • Gefahr des Befalls mit tierischen Schädlingen, die sich bei günstigen Temperaturen noch bei Wassergehalten < 14 % gut entwickeln können.
     
  • Die Feuchte- und Wärmeentwicklung der Mikroorganismen und tierischen Schädlinge durch Atmung, die Selbsterhitzung des Getreides beschleunigen können (s. Kap. 13.12).
     
  • Gefahr der Selbsterhitzung. Besonders Reis und Mais neigen zur Selbsterhitzung.
     
  • Gefahr der Ranzidität. Reis neigt besonders durch den höheren Wassergehalt durch Bildung freier Fettsäuren zum Ranzigwerden; bei Halbrohreis ist infolge der ölhaltigen Silberhaut diese Gefahr besonders groß.
     
  • Bei der Verladung der Container im Abgangsort ist zu beachten, dass das hygroskopische Saatgetreide bei Lagerung in feuchter tropischer Luft wieder Feuchtigkeit aufnehmen kann. In Gebieten mit Trocken- und Regenzeiten ist der Transporttermin zu beachten.
Um all diesen Gefahren zu begegnen, darf Saatgetreide während des Transports weder feucht noch warm werden.
 
Eine sorgfältige Reinigung des Saatgutes, besonders des Roggensaatgutes, ist wegen Befalls mit giftigem Mutterkorn erforderlich (s. Abb. 116, 117).
 
Abbildung 116: Roggenähren mit
Mutterkorn;
Foto: U. Scharnow
Abbildung 117: Roggenähren mit Mutterkorn;
Foto: U. Scharnow

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