16.2   Gemüse
Charakteristik und Containerfähigkeit
Gemüse sind essbare Pflanzenteile, wie Blätter, Sprosse, Stängel, Blüten, Früchte, Samen, Knospen, Wurzeln, Rhizome (Wurzelstöcke) von vorwiegend einjährigen und krautigen Pflanzen.
 
Die Einteilung der Gemüsearten kann, wie beim Obst, nach verschiedenen Gesichtspunkten vorgenommen werden; für transporttechnologische Zwecke und damit auch für den Containertransport kann nach der Nutzung der Pflanzenteile unterschieden werden:
  • Blattgemüse: Feld- und Gartensalat, Spinat, Mangold,Endivie, Radicchio
     
  • Stengelgemüse: Spargel, Chicorée, Schnittlauch
     
  • Kohlgemüse: Weißkohl, Rotkohl, Wirsingkohl, Rosenkohl, Grünkohl, Chinakohl
     
  • Zwiebelgemüse: Zwiebeln, Porree, Schalotten, Knoblauch, Gemüsefenchel
     
  • Wurzelgemüse: Meerrettich, Schwarzwurzeln, Möhren, Rettich, Knollensellerie, Radieschen, Rote Bete, Rübenarten,Yam, Maniok, Tavo, Topinambur, Yamsbohne
     
  • Blütengemüse: Artischocke, Blumenkohl, Broccoli
     
  • Hülsengemüse: Erbsen, Bohnen
     
  • Fruchtgemüse: Gurken, Tomaten, Paprika, Kürbisse, Melonen, Zucchini, Auberginen, Kiwano, Rondini, Squash (Patisson)
     
  • Sprossengemüse: Sojasprossen, Mungbohnenkeimlinge, Alfafakeimlinge, Kichererbsenkeimlinge
Kartoffeln gehören streng genommen nicht zu den Früchten oder zum Gemüse; sie gehören jedoch zum Sortiment des Frucht- und Gemüsehandels.
 
Ein Vergleich der Kriterien von Obst und Gemüse (s. Tab. 10) zeigt, dass - wie Obst - auch Gemüse eine hohebiotische Aktivität 2. Ordnung (BA 2) sowie einen hohen Wassergehalt (WGS 3) aufweist: So hat Grünkohl einen Wassergehalt von 80 % und Gurken sogar 97 %.
 
 
  Obst Gemüse
1
Obst sind Früchte oder Samen von mehrjährigen holzartigen oder teilweise verholzten Pflanzen (Bäume, Sträucher)sowie Stauden.
Obstarten: Kern-, Stein-, Beeren-, Schalenobst.
Gemüse sind Blätter, Stengel, Wurzeln, Blüten, Früchte oder Samen von vorwiegend einjährigen und krautigen Pflanzen.
Gemüsearten: Blatt-, Stiel-, Wurzel-, Zwiebel-, Kohl-, Frucht-, Hülsengemüse.
2
Obst weist eine biotische Aktivität 2. Ordnung (BA 2) auf. Gemüse weist eine biotische Aktivität 2. Ordnung (BA 2) auf.
3
Obst gehört mit Wassergehalten von 80% (Pflaumen)...85% (Erdbeeren) der Wassergehaltsstufe 3 (WGS 3) an Gemüse gehört mit Wassergehalten von 80% (Grünkohl)...97% (Gurken) der Wassergehaltsstufe 3 (WGS 3) an
4
Inhaltsstoffe: Kohlehydrate (meist Zucker) 8% (Johannisbeeren)...18% (Weintrauben); Fruchtsäuren 0,3% (Birnen)...7% (Zitronen); Vitamin C-Gehalt 10mg/100g (Bananen)...150mg//100g (Schwarze Johannisbeeren); Mineralstoffe 0,5% = Zucker-Säuregehalt dominierend. Inhaltsstoffe: Kohlehydrate (meist Stärke) 2% (Kopfsalat)...15% (Schwarzwurzeln); Fett 0,6% (Spargel)...1% (Paprika); Eiweiß 1% (Tomaten)...6% (Erbsen) = Stärkegehalt dominierend
5
Die meisten Obstarten sind mehr oder weniger klimakterisch und werden im Stadium des Vorklimakteriums (Pflückreife) geerntet, da sie nachreifen können. Gemüse ist nicht klimakterisch und wird mit Ausnahme von Tomaten im Stadium des Klimakteriums (Genussreife) geerntet, da es nicht nachreifen kann.
6
Gefahr von chilling (Kaltlagerschäden) weit oberhalb der Gefrierpunkttemperatur. Transporttemperaturen liegen dicht an der Gefrierpunkttemperatur.

   Tabelle 10: Vergleich von Obst und Gemüse
 
 
Obst und Gemüse unterscheiden sich durch ihre Inhaltsstoffe: Beim Obst ist der Zucker-Säuregehalt, beim Gemüse der Stärkegehalt dominierend.
Beispiele für die Inhaltsstoffe sind:
  • Kohlehydrate (meist in Form von Stärke) 2 % (Kopfsalat) - 15 % (Schwarzwurzeln)
     
  • Fett 0,6 % (Spargel) - 1 % (Paprika)
     
  • Eiweiß 1 % (Tomaten) - 6 % (Erbsen)
Obst und Gemüse unterscheiden sich ferner durch ihr unterschiedliches klimakterisches Verhalten: Obst ist meist klimakterisch, Gemüse nichtklimakterisch, wodurch das Obst im Vorklimakterium, das Gemüse erst im Klimakterium geerntet werden kann, weil es mit Ausnahme von Tomaten nicht nachreifen kann.
 
Während beim Obst die chilling-Schäden weit oberhalb des Gefrierpunkts eintreten, können die Transporttemperaturen beim Gemüse bis dicht an der Gefrierpunkttemperatur liegen.
 
Gemüse benötigt eine Temperatur-, Feuchte- und Lüftungs-Kondition (LK VII), weil die Atmungs-/(Respirations)prozesse gezielt gesteuert werden müssen (Schlaftemperaturen), wobei eine intensive Ventilation für die Versorgung mit Sauerstoff und für die Abführung schädlicher Gase, vor allem des Kohlendioxids, sorgen muss.
 
Kühlcontainer mit Frischluftzufuhr sowie CA-Container sind für den temperaturgeführten Transport am geeignetsten.
 
 
Transporthinweise und Schäden
 
Verpackung
Perforierte Plastikbeutel als Innenverpackung in nassfesten Schachteln sind für viele Gemüsearten üblich. Diese Verpackungsart hat sich z. B. besonders bei Gemüsepaprika bewährt, da Welkwerden und Schrumpfen der dünnen Fruchthaut schnell zur Qualitätsminderung führen. Paprika wird auch in palettierten Kisten, Steigen, Netzbeuteln auf Foodtainern transportiert.
 
Möhren werden meist gewaschen und in perforierten Plastikfolienbeuteln verpackt und in Steigen transportiert. Wasserdampfdichte Folie ohne Perforation würde zur anaerobischen Atmung der Möhren führen und raschen Verderb bewirken (weiche Oberflächen, fader Geschmack und harte schwarze Flecke). Tomaten werden in Holz-, Karton- oder Kunststoffsteigen verpackt. Kartoffeln und Zwiebeln müssen gut durchlüftbar sein und werden daher vielfach in weitmaschigen Säcken verpackt.
 
Temperatur
Aus Tab. 11 ist ersichtlich, dass bei den meisten Gemüsearten Transporttemperaturen nahe 0 °C sowie bis -1 °C liegen. Ausgenommen sind beerenartige Gemüsearten, wie z. B. Auberginen, Gurken und Tomaten. Ihre Transporttemperaturen liegen bei 8-12 °C. Auch ist Gemüse gegenüber Temperaturschwankungen etwas toleranter im Vergleich zum Obst (z. B. 0,5-2 °C).
 
 
Gutart Transporttemperatur
in °C
Zul. Schwankung
in K
Luftfeuchte
in %
Artischocken 0,0 0,5 90...95
Auberginen 9,0 1,0 85...90
Blumenkohl -0,5 0,5 85...90
Bohnen, grün 3,0 0,5 85...90
Broccoli 1,0 1,0 90...95
Erbsen, grün -0,5 0,5 85...90
Gurken 8,0 2,0 85...90
Kartoffeln, spät 5,0 1,0 85...90
Kohl 1,0 1,0 90...95
Kohlrabis 1,0 1,0 90...95
Mohrrüben 1,0 1,0 85...90
Paprika, grün -0,5 0,5 85...90
Radieschen 0,5...1,0   80...85
Rhabarber 1,0 1,0 85...90
Rosenkohl -3,0...-1,0   90...95
Rotkohl -1,0...0,0   80...90
Sellerie, Stiele -1,0...0,0   90...95
Sellerie, Knollen -1,0...0,0   85...90
Spargel 1,0 0,5 85...90
Spinat -0,5 0,5 90...95
Teltower Rübchen 0,0...2,0   85...90
Tomaten, rot, aber hart -1,0...7,0   90
Tomaten, grün 10,0...12,0   85...90
Wirsingkohl -1,0...0,0   80...90
Zwiebeln -1,0...1,0   80...85

   Tabelle 11: Temperatur- und Feuchtebedingungen bei Gemüse-Frischlagerung
   auf dem Transport;
   Becker [5]  
 
Kaltlagerschäden (chilling) treten in verschiedenen Formen auf, so z. B. bei Paprika kenntlich an dunklen, wässrigen Stellen auf der Haut. Die Schale löst sich vom Fleisch und das Innere der Paprika kann zusammenbrechen. Bei Tomaten äußert sich chilling im Weichwerden der Frucht, verbunden mit Braunfärbung der Schale sowie Verlust des Reifungsvermögens. Kartoffeln werden bei < 3°C süß, glasig und von wässriger grauer Farbe. Möhren bekommen Risse auf der Oberfläche, und die Farbe der Wurzel verblasst. Spargel gefriert bei < 0°C sehr schnell und stirbt ab. Zwiebeln und Kartoffeln beginnen, bei > 4°C auszukeimen.
 
Die Transporttemperaturen bei Gefrierlagerung von Gemüse betragen wie beim Obst -18 bis -20 °C.
 
Feuchte
Aus Tab. 11 ist zu ersehen, dass die rel. Luftfeuchte im Durchschnitt noch höher liegt (85-95 %) als beim Obst, um Welkungserscheinungen und Masseverluste zu vermeiden. Durch die Innenverpackung in perforierten Folienbeuteln wird für die Erhaltung des Frischegrads gesorgt.
 
Beim Beladen eines Containers muss Frischgemüse vor den Einflüssen feuchten Wetters (Regen, Schnee) besonders geschützt werden, da sonst Weichwerden und Fäulnis z. B. bei Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren einsetzen können. Die Abladungen von Zwiebeln aus neuer Ernte sind infolge ihres höheren Wassergehalts schadenanfälliger als abgelagerte. Feuchte führt zur Selbsterhitzung, Keimung, Wurzelbildung und Verrottung der Säcke, wenn sie aus Jute bestehen. Spargel wird bei Nässeschäden gummiartig und matschig, was oft zu beobachten ist, wenn die Enden der Spargelpakete in Papierhüllen verpackt sind, um die Schnittflächen frisch zu halten.
 
Allelopathie
Gemüsearten sind nicht klimakterisch mit Ausnahme von Tomaten. Tomaten dürfen nicht mit ethylenempfindlichen Gemüse- und Obstarten in einem Container zusammengeladen werden, auch nicht mit Gurken, die schneller altern würden. Kartoffeln sind äußerst ethylenempfindlich, besonders gegenüber Kernobst, wie Äpfeln. Letztere bringen Kartoffeln zum vorzeitigen Keimen. Möhren werden bitter durch Ethyleneinwirkung. Laubgemüse, wie Kopfsalat, wird durch Ethylen gelb, bekommt braune Flecke auf den Blättern, und schließlich verlieren sie diese.
 
Schädlingsbefall/Krankheiten
Bei der Verschiffung im Container muss grundsätzlich ein phytosanitäres Zeugnis ausgestellt werden. Kartoffeln z. B werden von Quarantänekrankheiten, wie Kartoffelkrebs, Bakterienringfäule, Kartoffelmotte und Pulverschorf, befallen. Das Kraut (Schlotten) der Zwiebeln muss gut abgedreht und nicht abgeschnitten sein, da sonst die Gefahr der Zwiebelhalsfäule durch den Schimmelpilz Botrytis allii besteht. Bei Tomaten und gewaschenen Möhren ist der Grauschimmel (grey-mould rot) durch den Schimmelpilz Botrytis cinerea die häufigste Lagerkrankheit. Mechanisch beschädigte Möhren sind durch den Schimmelpilz Fusarium spec. besonders gefährdet.
 

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