13.2.1   Einteilung der Waren nach ihrem Feuchteverhalten
In Kap. 10 wurden wichtige Begriffe zur Feuchte erörtert, so u. a. Im Standardcontainer können große Schäden an den Waren infolge ihrer Hygroskopizität entstehen. Daher ist eine wesentliche Voraussetzung, dass die Waren containertrocken in den Container eingebracht werden, d. h. einen Wassergehalt aufweisen, der einer geringen Gleichgewichtsfeuchte unterhalb der Schimmelgrenze (< 75 %) entspricht. Bei Überschreiten des kritischen Wassergehalts können Schimmel, Gärung, Fäulnis, Selbsterhitzung u. a. m. eintreten. 60-70 % rel. Luftfeuchte sind für die meisten hygroskopischen Waren optimale Lagerbedingungen.
 
In Kap. 10.2.9 wurde dargestellt, dass Feuchteempfindlichkeit und Hygroskopizität zwei unterschiedliche Begriffe sind. So ist eine Ware dann feuchteempfindlich, wenn bereits eine geringfügige Wasserdampfaufnahme in kurzer Zeit starke Veränderungen auslöst, die schon bei niedrigen relativen Luftfeuchten einsetzen.
 
So ist z. B. Saccharose wenig hygroskopisch (s. Abb. 5, Sorptionsisotherme 2), aber recht feuchteempfindlich, weil schon durch eine geringe Wasserdampfaufnahme die Fließgrenze erreicht wird und damit Verflüssigung eintritt.
 
Abbildung 5: Typen von Sorptionsisothermen
Heiss [16]

 
Stahlwaren sind gar nicht hygroskopisch, aber stark feuchteempfindlich, d. h. korrosionsgefährdet.
 
Von derartigen Überlegungen ausgehend, kann man die Waren aus transportmeteorologischen Gesichtspunkten in vier Hauptgruppen einteilen.
 
1. Waren, die eine bestimmte Wassermenge enthalten, welche die Fähigkeit haben, sich laufend nach den Feuchtigkeits- und Temperaturbedingungen des Umgebungsmediums zu verändern. Derartige Waren zeigen entweder unerwünschte Veränderungen durch Feuchtwerden (Schimmel, Fäulnis, Stockfleckigkeit, Gärung, Zerfließen, Selbsterhitzung) oder durch Austrocknung (Verfestigung, Verblockung, Grusschäden, Heuigwerden) in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte und der Temperatur. Die Sorptionsisothermen zeigen einen kontinuierlichen S-förmigen Verlauf ohne plötzliche Sprünge (s. Abb. 58). Hierzu gehören:
1.1 die überwiegende Mehrzahl der Lebensmittel, die durch Schimmel, Fäulnis, Gärung einerseits und durch Austrocknungserscheinungen verbunden mit Aromaverlusten andererseits, charakterisiert sind (Brot und Broterzeugnisse, Teigwaren, Mehl, aber auch Arzneimittel)
1.2 hygroskopische Waren, die als lebende, von der Mutterpflanze losgelöste Organe neben Schimmel, Fäulnis, Gärung infolge von Respirationsprozessen (Atmung) zur Selbsterhitzung neigen können (Getreide, Saatgut, Ölsaaten/-früchte)
1.3 hygroskopische Waren, die durch Aufbereitungsmethoden infolge ihres Restölgehalts und/oder kritischer Wassergehalte zur Selbsterhitzung, häufig zur Selbstentzündung neigen (Expeller, Fischmehl, Getreideerzeugnisse)
1.4 hygroskopische Waren, die bei der Lagerung und beim Transport infolge vorheriger Aufbereitungsmethoden (Fermentation) neben den üblichen biochemischen und physikalischen Veränderungen dem Prozess der Nachfermentation unterliegen können (Tee, Rohkaffee, Rohkakao, Rohtabak)
1.5 hygroskopische Waren, die durch Trocknung konserviert wurden und zur Sirupbildung sowie zum Gären neigen (Trockenfrüchte, wie Rosinen, Feigen, Datteln)
1.6 hygroskopische Waren, die neben Schimmel und Stockflecken auch Festigkeitsverluste bzw. Rissbildung erleiden können (Packstoffe, wie Papier, Karton, Fasern, Faserstoffe und Textilien, Holz und Holzartikel)
1.7 Hygroskopische Waren, die neben Schimmel und Stockflecken auch Festigkeitsverluste bzw. Rissbildung erleiden können (Packstoffe, wie Papier, Karton, Fasern, Faserstoffe und Textilien, Holz und Holzartikel).
1.8 hygroskopische Fertigwaren, die der Gefahr der Deformation, Rissbildung bzw. Lösung der Leimungen durch Feuchtigkeits- und Temperatureinfluss unterliegen (Möbel, Musikinstrumente, Kunstgewerbeartikel, Spielzeug)
 
2. Waren, die Wasser enthalten können, aber nicht enthalten müssen, wobei das eventuell enthaltene Wasser chemisch gebunden ist. Auf die Feuchte der Umgebungsatmosphäre reagieren sie keineswegs ständig, sondern nachdem eine bestimmte spezifische Grenze erreicht worden ist, die so genannte Fließgrenze.
Die Adsorptionsisothermen sind durch plötzliche Sprünge gekennzeichnet, deren es so viele gibt, wie Möglichkeiten für die Bildung von Hydraten vorhanden sind. Hierher gehören kristalline Waren, die nach erfolgter Wasserdampfaufnahme aus der Umgebungsluft zerfließen (Fließgrenze) und durch spätere Wasserdampfabgabe verfestigen sowie verblocken (kristalline Chemikalien, Düngemittel, Salze, Zucker) und verhärten können (Agglomeration).
 
3. Waren, die kein Wasser enthalten und auch nicht fähig sind, Wasser aufzunehmen, jedoch trotzdem einen Abbau ihrer Qualität bzw. Korrosion erleiden:
3.1 korrodierende Metalle sowie Halb- und Fertigfabrikate, die nicht korrosionsgeschützt sind, zu denen auch Konservendosen zählen
3.2 Waren mit empfindlicher Oberfläche (optische Erzeugnisse; Trübwerden der Linsen, Tafelglas)
 
4. Waren, die kein Wasser enthalten, und nicht fähig sind, Wasser aufzunehmen, also keine Qualitätsminderung durch Feuchtigkeit erleiden (einige Kunststoffe, technische Installationskeramik, Kacheln etc.). Bei ihnen kann es aber dadurch zu Schäden kommen, dass die Verpackung durch Feuchtigkeit Schaden erleidet und nicht mehr den Anforderungen des Transportes entspricht.
 

Diese Aufstellung, in die sich weitere Warengruppen einordnen lassen, ist auch für die Frage der Containerfähigkeit von Bedeutung.
 
In den Waren-Informationen werden für die Ware wichtige Daten zur Feuchte angegeben, wie die relative Luftfeuchte, der Wassergehalt sowie die obere Gleichgewichtsfeuchte mit entsprechenden Quellenangaben.
Abbildung 58: Sorptionsisothermen einiger Waren [27]

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