10.2.8   Wasserdampf in der Containerluft
Welche Fragen über das Verhalten der hygroskopischen Waren mithilfe der Sorptionsisothermen beantwortet werden können, soll am Beispiel der Sorptionsisothermen für Weizen (Abb. 8) dargelegt werden. Die Sorptionsisotherme für 20 °C gibt Gleichgewichtszustände zwischen Wassergehalt des Weizens und relativer Luftfeuchte an.
  1. Zu höheren Wassergehalten des Weizens gehören entsprechend höhere relative Luftfeuchten als Gleichgewichtsfeuchten und umgekehrt.
     
    Zum Beispiel:
     
    Wassergehalt des Weizens relative Luftfeuchte
    12 %
    55 %
    13 %
    65 %
    15 %
    75 %

  2. 2. Bei einem gemessenen Wassergehalt von 18 % (Punkt 1) und einer relativen Luftfeuchte der Umgebungsluft von 75 % liegt der Schnittpunkt oberhalb der Sorptionsisotherme. Im unbelüfteten Schüttgutcontainer wird sich die relative Luftfeuchte erhöhen, bis der Gleichgewichtszustand mit ca. 88 % relativer Luftfeuchte erreicht ist (Punkt 2). Damit wird die Schimmelgrenze, die bei 75 % relativer Luftfeuchte liegt, überschritten. Im geschlossenen Container kann es somit zum Beginn einer Schimmelbildung kommen. Der Wassergehalt der Ware verändert sich wegen der geringfügigen Wasserdampfabgabe, die hierfür erforderlich ist, nicht. Hier müsste durch Lüftung Abhilfe geschaffen werden, wobei theoretisch die Ware mit einer geeigneten Ventilationsluft solange zu trocknen wäre, bis sie bei knapp unter 15 % Wassergehalt den Gleichgewichtszustand mit der Umgebungsluft erreicht hat.
     
    Wollte man z. B. 100 t Getreide mit einem Wassergehalt von 16 % auf einen Wassergehalt von 13 % bringen, wären 3 t Wasserdampf durch Lüftung abzuführen; aber praktisch ist eine durchgreifende Trocknung zu feuchter Ware nicht möglich.
     
    Durch Schimmelbildung in Teilen des Containers oder innerhalb der Ladung (sog. Totluftfelder), würde das Korn verderben.
     
    Abbildung 8: Sorptionsisothermen für Weizen bei verschiedenen Temperaturen [27]
     

  3. Der Wassergehalt der Ware liegt unterhalb der Sorptionsisotherme: (Abb. 8). Bei einem gemessenen Wassergehalt von 12 % und einer rel. Luftfeuchte der Umgebungsluft von 75 % liegt der Schnittpunkt unterhalb der Sorptionsisotherme (Punkt 3).
     
    Im unbelüfteten Schüttgutcontainer würde infolge Wasserdampfaufnahme durch die hygroskopische Ware die rel. Luftfeuchte zurückgehen, bis der Gleichgewichtszustand von knapp unter 60 % rel. Luftfeuchte (Punkt 4) erreicht ist. Infolge der geringen Menge aufzunehmenden Wasserdampfes verändert sich der Wassergehalt der Ware dabei kaum. Meist besteht keine Gefahr der Qualitätsminderung.
     
    Könnte der Schüttgutcontainer stetig mit einer Luft belüftet werden, deren Feuchte 75 % beträgt, würde das Korn an Wassergehalt zunehmen, bis der Gleichgewichtszustand bei 15 % erreicht ist. Auch hier würde noch kein Verderb eintreten, da 15 % Getreidefeuchte noch im transportfähigen Bereich liegt.
     
    AAls kritischer Wassergehalt wird der Wassergehalt bezeichnet, bei dessen Überschreiten während des Transports oder der Lagerung mit dem Beginn von Qualitätsminderungen, wie Schimmel, Gärung, Fäulnis, Selbsterhitzung/-entzündung, gerechnet werden muss.
     
    Diese Schäden treten bei > 75 % rel. Luftfeuchte im Container ein, 60-<75 % rel. Luftfeuchte sind für die Mehrzahl der Waren sichere Lagerbedingungen.
    Containertrocken ist eine Ware, die einen Wassergehalt besitzt, bei dem es unter normalen Wetter- bzw. Containerbedingungen keine Qualitätsminderungen erleidet.
     
    Für den sicheren Transport ist es daher von Bedeutung, dass der Wassergehalt der Ware bei der Beladung des Containers den geforderten Werten entspricht und die Einhaltung dieses Wassergehaltes während des Transports durch die Lagerklima-Konditionen im Container gewährleistet wird.
     
    Hieraus ergibt sich für den Containertransport folgender Informationsbedarf:
     
    • Wassergehalt durch Messung vor der Beladung des Containers überprüfen!
       
    • Den vorgesehenen Reiseweg (Klimazonen!) abfragen!
       
    • In welcher Jahreszeit findet der Transport statt?
       
    • Entspricht der Wassergehalt den zu erwartenden Bedingungen?

     
    Zusammenfassend kann gesagt werden:
     
    In einem mit einer hygroskopischen Ware beladenen Container, der nicht belüftet wird, bestimmt die Ware die relative Luftfeuchte im Container, die Ware schafft sich ein eigenes Raumklima. Die Ware selbst erfährt bei diesen Ausgleichsvorgängen nur geringfügige Veränderungen ihres Wassergehaltes, da dieser mengenmäßig ein Vielfaches der absoluten Feuchte der Luft im Container beträgt.
     
    In einem mit einer hygroskopischen Ware beladenen Container, der belüftet wird oder zu dem die Luft Zutritt hat, richtet sich die relative Luftfeuchte der Luft im Container nach den Werten der Außenluft, sodass die Ware entsprechend Wasserdampf aufnehmen oder abgeben kann. Dabei ist zu beachten, dass nur bei anhaltender, mehrtägiger oder mehrwöchiger Ventilation mit zu feuchter oder zu trockener Luft auch der Wassergehalt der Ware langsam steigt oder abnimmt. Ferner ist zu beachten, dass die Luft zwischen den Partikeln (z. B. Getreidekörner, Kaffee- oder Kakaobohnen) oder in Totluftzonen sich auch bei Belüftung so verhält, als wäre der Container geschlossen, d. h. unbelüftet.
     
  4. Der Einfluss der Temperatur der Ware auf die Gleichgewichtsfeuchte:
     
    Verändert sich die Temperatur der Ware, ergeben sich daraus andere Gleichgewichtsbedingungen für die Feuchteverhältnisse. Da beispielsweise eine 10-°C-Sorptionsisotherme höher liegt als eine 20-°C-Sorptionsisotherme, entsprechen gleichen Wassergehalten geringere Gleichgewichtsfeuchten der Luft. Zum Beispiel gilt für Weizen bei einem Wassergehalt von 15 % und einer Eigentemperatur von 20 °C eine Gleichgewichtsfeuchte von ca. 75 %; bei einer Eigentemperatur von 10 °C ergibt sich dagegen eine Gleichgewichtsfeuchte von ca. 68 %. Aus diesen Verhältnissen resultiert, dass zum Beispiel bei einem Reiseweg nach Kanada oder in die USA bei den dort vorherrschenden geringen Lufttemperaturen der zulässige Wassergehalt für Getreide höher liegen kann, ohne dass die kritische rel. Luftfeuchte > 75 % (Schimmelgrenze) beim Transport überschritten wird.
     
    Für vegetabile Waren, die in tropischen Häfen geladen werden, ergibt sich aus diesen Gleichgewichtsbeziehungen, dass jede Gelegenheit zur Abkühlung der Waren auszunutzen ist. Warme Waren geben intensiv Wasserdampf ab und führen schneller zur Schweißwasserbildung, wie z. B. Kakaobohnen aus Lagos oder Kaffeebohnen aus Santos.

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